“Das beste Publikum der Welt”
“Das beste Publikum der Welt”
Von Jessica Bunjes
Neumünster. Vier Tage Reitturnier in den Holstenhallen von Neumünster – mit FEI Dressur-Weltcup, vier Weltranglistenspringen und dem mit 50.000 Euro dotierten Großen Preis als fulminante Höhepunkte des einzigen in Schleswig-Holstein verbliebenen Drei-Sterne-Hallenturniers – sind Sonntag zu Ende gegangen. Die FEI Weltcup-Kür gewann gestern die Vorjahres-Dritte Helen Langehanenberg (Münster) im Sattel des Hannoveraners Damsey FRH vor Dorothee Schneider (Framersheim) mit Sammy Davis jr.
Sie waren (fast) alle da, außer ein Denis Lynch (Irland), der sich spontan entschied, seinen Pferden am VR-Classics-Wochenende eine Pause gönnen zu wollen. Auch Dressur-Ikone Isabell Werth (Rheinberg), die als dreimalige Siegerin des FEI-World-Cups in Folge und vor allem als Titelverteidigerin ihren Startplatz für das Weltcup-Finale in Paris (10. bis 15. April) schon in der (Frack)- Tasche hat, erteilte sich Dispens: Zusammen mit ihrer und Ludger Beerbaums Mäzenin Madelaine Winter-Schulze war die sechsmalige Dressur-Olympiasiegerin Sonntag daher zur Hengstschau in den Beerbaum-Stables in Riesenbeck statt im so genannten „Hexenkessel“ von Neumünster.
In diesen viel zitierten „Kessel“ mit nahezu Hautkontakt zwischen Reitern und Zuschauern ritten zur Weltcup-Kür 15 qualifizierte Reiter-Pferd-Paare ein. Die kamen aus neun Ländern – insgesamt waren an allen Turniertagen Dressurreiter aus 13 Nationen am Start. Vor laut Chefrichter Ghislain Fourarge (Niederlande) gewohnt „fachkundigem und enthusiastischen Publikum“ gaben sich Top-Athleten ein Stelldichein und verschoben das Weltcup-Ranking. „Wir haben ein extrem starkes Starterfeld, mit dem ich sehr glücklich bin“, so Turnierchefin Bettina Schockemöhle (Mühlen), die sich die Dressur ebenso ansah, wie Ehemann Paul und dessen Geschäftspartner Ullrich Kasselmann (Hagen a.d.T.) Letzterer erklärte, gefragt nach der Fortsetzung des Weltcups in der Schwalestadt, augenzwinkernd: „Diese Show ist einzigartig, ich hoffe, dass die FEI das erkennt und den Weltcup für immer nach Neumünster vergibt.“
Die Austragungsorte der hochkarätigen Dressurserie, dessen siebte Station Neumünster 2018 war, werden generell für zwei Jahre festgelegt – in diesem Jahr entscheidet sich, ob Neumünster 2019 wieder dabei ist. Dafür spricht einiges. Laut Fourarge auch, dass es „kein besseres Publikum in der Welt“ gäbe. Das applaudierte wohlwollend, als die Organisatoren sich gegenüber der Spanierin Morgan Barbancon Mestre kulant zeigten: Sie durfte trotz eigenen Fehlers und einigen Diskussionen ihre Kür reiten. Hintergrund: Mit Sir Donnerhall II hatte die Olympia-Teilnehmerin andere Lektionen gezeigt, als sie den Richtern mitgeteilt hatte und wurde kurzerhand abgeklingelt.
„Das ist, als ob sie Sprung acht vor Spring drei reitet – Ausschluss“, so Turnierchef Paul Schockemöhle trocken. Der Hamburger Dressur-Landestrainer der Junioren und Junge Reiter, Rainer Schwiebert, fasste das Reglement zusammen: „Seit zwei Jahren gilt, dass die Kür festgelegt werden muss, damit mittels eines Programmes der Schwierigkeitsgrad errechnet werden kann. Anhand dieser Berechnung wird der Bewertungsbogen erstellt – der nicht mehr passt, wenn der Reiter die Lektionen und damit möglicherweise den Schwierigkeitsgrad spontan verändert.“ Der Auftritt der heißblütigen Spanierin reichte am Ende nicht mehr für eine Platzierung (Rang 13).
Gestrahlt hat Siegerin Helen Langehanenberg. Die 35-Jährige ist im fünften Monat Schwanger, macht jetzt bis zum Sommer eine „Baby-Pause“. „Damsey war hervorragend. Ich bin direkt etwas wehmütig.“ Ob der Hengst in den Sport zurückkehrt, ist fraglich – er ist bereits 16 und hervorragender junger Nachwuchs rückt nach. Langehanenberg rangiert jetzt im Dressur-Weltcup-auf Rang 13, Schneider rückte von drei auf zwei vor, Patrik Kittel (Schweden) führt das Ranking nach wie vor an.