Neues zur Pferdesteuer

Neues zur Pferdesteuer

Pferdesteuer in TangstedtFoto: Pixabay

Neues zur Pferdesteuer

Anja Granliens Glosse aus Tangstedt  –  Folge 1

Tangstedt, 18.6.2017

„Alternative Fakten“

Das gibt es in Deutschland selten: 

Der SPD-Bürgermeister von Tangstedt, Norman Hübener, bekennt vor laufenden Kameras, 
er halte es „für den richtigen Weg“, dass seine Gemeinde im Zusammenhang mit der soeben eingeführten Pferdesteuer bald vor einem Gerichtsprozess steht, weil dann endlich „Klarheit“ herrsche. Der örtliche Sportverein WSV-Wilstedt benötigte keinen Richter, um die Pferdesteuer 
in aller Klarheit als „diskriminierend“ zu bezeichnen und Hübener zu bitten, die Steuer auf den Reitsport nicht einzuführen. 
Der SPD-Bürgermeister hingegen hält es für „den richtigen Weg“, jetzt öffentliche Finanzmittel 
der ohnehin klammen Gemeinde dafür zu nutzen, Anwälte loszuschicken, die gegen die eigenen Bürgerinnen vor Gericht durchsetzen sollen, daß der Reitsport, den in Tangstedt zu 91% Frauen und Mädchen ausüben, besteuert wird. Während gleichzeitig Männersportarten (wie Fußball) von der Gemeinde erheblich bezuschusst werden.  „Alles klar?“

Bürgermeister Hübener bedauert, in der Diskussion um die Pferdesteuer wäre auch einiges 
„unter der Gürtelline“ gewesen.  Was meint er bloß damit?  Ach so — bestimmt, dass eine Bachelor-Studentin die Tangstedter Reiterinnen auszuhorchen suchte.  Dabei hat diese weder den Tangstedter Reiterinnen, noch der Presse gegenüber zu erkennen gegeben, daß sie nicht nur Bachelor-Studentin ist, sondern auch SPD-Mitglied, und auch zeitweise SPD-Funktionsträgerin 
in Hamburg-Rahlstedt. Die Vorstellung der Ergebnisse ihrer Arbeit fiel rein zufällig auf den Tag 
der Gemeinderats-Abstimmung über die Pferdesteuer. In der Presse räumte sie ein, dass die Ergebnisse ihrer Arbeit nicht repräsentativ sind. Dennoch macht sie selbst auf die vielen inhaltlichen Übereinstimmungen ihrer Thesis mit den Argumenten der Gemeinde-Anwälte aufmerksam.  Noch ein Zufall?  Wie gelangte eigentlich die Bachelor-Arbeit in das für Tangstedt zuständige Amt Itzstedt?  Äußerte sich doch ihre Universität, die Hamburger HAW, schriftlich, die Herausgabe ihrer Arbeit an die Pferdesteuer-Gegnerinnen dürfe nicht erfolgen, weil sie noch nicht abschließend benotet sei.  Wer würde unter diesen Umständen auch nur im Entferntesten auf den Gedanken kommen, die SPD könnte länderübergreifend zu Lasten der eigenen Bürgerinnen einwirken, und diese so auch noch im Nachbarbundesland „melken“?  Gut, dass Bürgermeister Hübener uns alle an die Fairness erinnert. Meint er neben seiner eigenen Fraktion auch 
Olaf Scholz und dessen SPD-Landesverband, dem die Studentin angehört?

Hübeners Parteichef in Kiel bestimmt die Leitlinien der Landespolitik. „Förderung des Breitensports“ sowie „gleiche Rechte für Männer und Frauen“ finden sich im SPD-Parteiprogramm, für dessen Umsetzung Stegner verantwortlich ist.  Die Bundes-SPD hatte bereits 2013 eine Pferdesteuer als „verfassungswidrig“ und als „Fehlentwicklung“  bezeichnet.  Die Tangstedter Pferdesteuer sei eine rein kommunale Angelegenheit, zu der er sich aus Gründen der Kommunalen Selbstverwaltung nicht zu äußern habe, so Dr. Stegner.  Einige Monate später unterstützt Stegner öffentlichkeitswirksam den Einsatz von Landesmitteln für das Kieler Stadion des Profi-Fußballklubs „Holstein-Kiel“.
Wie war das doch gleich noch mal mit der Achtung der kommunalen Selbstverwaltung?  Die eine Einmischung in lokale Angelegenheiten verbiete?  Naja, geht ja um Fußball. Die Profi-Fußballer brauchen nun wirklich unsere finanzielle Unterstützung.  Wen kümmern schon die Frauen und Mädchen, die ohnehin ihren Breitensport weitgehend selbst finanzieren (müssen) ?
Sie denken, das sei ungerecht? 
Falsch gedacht: Das „Argument mit der Frauendiskriminierung“ sei „lächerlich“, befindet der 
Chef des Tangstedter Koalitionspartners der SPD, Lothar Metz.
Es geht doch nichts über fraktionsübergreifende Männerfreundschaft in der Politik!

Der Tangstedter SPD-Finanzausschuss-Vorsitzende Raymund Haesler wird in der WELT zitiert „Jemand hat ausgerechnet, dass jetzt eine Reitstunde drei Cent teuerer wird.“  Der pensionierte Lehrer sollte es besser wissen:  Mit „Jemand“ meint er seinen vom SPD-Finanzausschuss zurückgetretenen Sohn Christoph Haesler, ebenfalls SPD. Der behauptete schon im Herbst 2016 unzutreffenderweise, die Reitstunden würden sich um lediglich 13 Cent pro Reitstunde verteuern. Und jetzt plötzlich nochmal um viermal weniger?  Ach was, „drei Cent“ klingen besser, raus mit der Zahl, Hauptsache sie ist erst einmal in den Medien.  Bei €150 Pferdesteuer pro Jahr bedeutet dies für das arme Pferd jeden Tag fast 14 Stunden Arbeit mit Reitschülern auf dem Rücken, 7 Tage die Woche, 365 Tage im Jahr.  Was sagt der DGB zu diesen miesen Arbeitsbedingungen in der 
SPD-Kommune?  Wir wissen es nicht.  Aber derlei Rechenkünste der Haeslers erklären vielleicht die finanzielle Schieflage der Gemeinde Tangstedt.

Die Reiterinnen sollen die finanzielle Situation der Gemeinde „nachhaltig“ verbessern, so der SPD-Finanzexperte der Gemeinde, Raymund Haesler. Genau deshalb wurde die Pferdesteuer auch acht Stunden nach der Vorstellung des “Jamaika”-Koalitionsvertrags in Kiel eingeführt. In dem steht, dass die Besteuerung von Pferden, die dem Reitsport dienen, in Schleswig-Holstein bald ausdrücklich verboten wird.  Sogar noch „nachhaltiger“, als die eben in Tangstedt beschlossene, „nachhaltige“ Pferdesteuer auf den Sport der Frauen. Denn die gilt ja dann nur noch für die nächsten 5 oder 6 Monate, oder vielleicht maximal für ein Jahr.
 Und danach erstattet die SPD-geführte Gemeinde die zuvor zu Unrecht vereinnahmte Pferdesteuer in 2-3 Jahren wieder komplett zurück, wenn die Normenkontrollklage der Tangstedter Reiterinnen in Schleswig Erfolg hat.  Die Zinsen und die Gerichtskosten?  Ach „Peanuts“, die zahlt ja nicht der SPD-Bürgermeister oder der SPD- und BGT-Gemeinderat aus eigener Tasche. Die zahlt ja der Tangstedter Bürger aus der ach so üppig gefüllten Gemeindekasse. Also eigentlich wiederum die, die die Gemeinde verklagen.  Praktisch.  Auf diese Weise wird von der SPD „pragmatisch und an den Bürgerinteressen orientiert regiert“, wie Martin Schulz seinen Genossen in den Kommunen attestiert. Jetzt herrscht auch hierüber endlich „Klarheit!“

Der SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz war übrigens von den Reiterinnen Tangstedts zur Teilnahme an der Demonstration vom 14.6. und zur anschließenden Gemeinderatssitzung eingeladen worden, um selbst für „Mehr Gerechtigkeit“ einzutreten und um so seiner Gerechtigkeitskampagne „mehr Biß“ zu verleihen. 
Irgendwie hatte er aber an diesem Abend wohl keine Zeit für die Tangstedterinnen.  Auch nicht,
 um deren „Offenen Brief“ an ihn zu beantworten, der inzwischen tausende Unterschriften trägt.
Das mit „Bürgernähe“ und „Mehr Gerechtigkeit wagen“  war ja auch nur mal eine so 
dahingesagte Idee …

„Anja Granliens Glosse aus Tangstedt“ erscheint in loser Folge und kommentiert die 
Politik aus Sicht der Reitsporttreibenden Frauen und Mädchen aus Tangstedt.
 

 

Alle Entwicklungen rund um die Pferdesteuer:

 

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